In: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.): Die CO2-freie Stadt – Wunsch und Wirklichkeit, Informationen zur Raumentwicklung 5/6.2012, S. 273-285

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Harald Kegler


Der US-amerikanische Ansatz CO2-freier Städte


Einleitung
Tendenzen der GHG-relevanten Entwicklungen in den USA
High-Tech-Gartenstadt: Babcock Range - Zero-Emission auf dem Papier
Ökologische Mustersiedlung mit hohem Designniveau: Civano - in der Wüste
Planvolles Chicago: die erste „Null-Emissions-Stadt“
Resilient Los Angeles: eine Megastadt wird aus der Krise zum Modell


Einleitung

In seiner Grußadresse zur Eröffnung der internationalen Konferenz „Climate Chnage and Urban Design“, der vom 14. bis 16. September 2008 in Oslo stattfand, verkündete der Geschäftsführer des Congress for the New Urbanism, Ray Gindroz, bezogen auf die Rolle der USA in der globalen Klimaproblematik: „The bad news are: We are the Problem, but – the good news are: we know that.“1 Diese Tatsache einerseits, dass die USA der weltweit größte CO2-Emmittent, und zugleich der größte Ressourcenverbraucher sind, ist nicht erst seit den Veröffentlichungen des IPPC oder anderer wissenschaftlicher Organisationen bekannt. China schickt sich wohl an, den USA diese Rolle streitig zu machen, doch bzgl. der Vergeudung von Ressourcen scheinen die USA uneinholbar die Spitzenposition zu besetzen. Andererseits, und das ist weniger bekannt, dass dies nicht nur eine Wahrnahme von außen ist. In den USA gibt es eine breite Debatte um die Zukunftsfähigkeit dieses Landes, und das bereits seit langem.2 Um einen US-amerikanischen Ansatz für CO2-freie Städte verstehen zu können, ist zunächst ein Blick auf die Selbstdarstellungen der Probleme der GHG-Emissionen3 notwendig. Darauf fußend werden dann vier typische Modelle vorgestellt, die die Tendenzen der praktischen CO2 – Reduktion in den Städten der USA repräsentieren. Die Reduktion der GHG-Emissionen steht – wenn dies überhaupt ein Ziel ist – meist im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit, dem LEED-ND-Programm4 und vor allem energetischer Umstellung sowie Reduktion des Autoverkehrs.
Babcock Range kann als ein solches Beispiel angesehen werden, obgleich die Initiatoren auch hier das das Marketing nicht auf „Null-Emissionen“ sondern auf Nachhaltigkeit lenken. Diese Stadt soll eine neu gebaute werden, weswegen sie in dieser Studie betont wird.
Das Reduzieren von GHG-Emissionen ist ein Nebeneffekt, der aber nicht unbedingt explizit propagiert wird, da er auch schwieriger kommuniziert werden kann. Für diesen pragmatischen Weg soll an dieser Stelle die neu gebaute Öko-Siedlung in Civano in Arizona stehen. Hier wird, anders als in Babcock Range und letztlich auch in Chicago, nicht der technologische Weg einer Effizienz-Strategie, sondern der einer (tendenziellen) Suffizienz-Strategie gewählt.
Letztlich soll an dieser Stelle noch ein vierter Weg aufgezeigt werden, der in den USA zunehmend an Bedeutung gewinnt in der öffentlichen Diskussion: Resilient City. Bei diesem Konzept wird nicht danach gefragt, wie die GHG-Emissionen reduziert werden können, sondern wie sich eine Stadt vorbereitet, überlebensfähig zu werden, wenn die sozialen/ökologischen Katastrophen eingetreten sind. Los Angeles hat, nach dem sozialen Desaster begonnen, mit einem Langfrist-Plan, die Entwicklung dieses Großraumes schrittweise auf eine neue tragfähige Basis zu stellen – die Reduzierung der GHG-Emissionen (letztlich auf „Null“) sind auch hier ein Nebenziel.
Diese vier strategischen Beispiele reflektieren zugleich die von der führenden Real Estate Organisation, dem Urban Land Institute, veröffentlichten Untersuchungen zur Reduzierung der GHG-Emissionen sowie zu den Megatrends der urbanen Entwicklung in den USA.5
Tendenzen der GHG-relevanten Entwicklungen in den USA
Das ULI macht sechs Megatrends aus, die die Entwicklung der urbanen Welt bis zur Mitte dieses Jahrhunderts prägen werden:
- Kapitalmärkte: Städte und Regionen werden zu globalen Kapitalmärkten, mit alle den Möglichkeiten und Risiken, der Wettbewerb wird prägend und es wird zu Konzentrationsprozessen kommen;
- Klimawandel: die Städte werden massiv von gravierenden Wetterereignissen, wie Hitzewellen, Überflutungen und Wetterschwankungen betroffen werden, insbesondere die Küstenstädte;


- Infrastruktur: mangelnde Unterhaltung und Investitionsstau führen zur Schwächung der Systeme; globale Infrastrukturnetze erhöhen zwar die Möglichkeiten der Kommunikation, steigern aber zugleich auch die operationalen Risiken; nicht-nachhaltige Strukturen (insbes. der suburbane sprawl) erhöhen die Kosten und Abhängigkeiten;

- Wasser: die empfindliche Ressource ist in einigen (dicht besiedelten) Regionen stark geschrumpft, was direkt auch dem Klimawandel geschuldet ist; der Zugang zu reinem Wasser wird immer schwieriger (besonders auch in den Wachstums- und Industrieländern); die Zunahme der Verschmutzung grenzüberschreitend;

- Energie: es besteht dringender Bedarf an der Reduzierung der GHG-Emissionen (Hauptziel); die Zunahme des Ölverbrauchs bei gleichzeitigem Anstieg der VMT-Rate6 in den USA wird zu Preissteigerungen führen; die Ölabhängigkeit bedeutet auch ein Sicherheitsrisiko;

- Demografie: das Wachstum der Bevölkerung bis 2050 wird ein städtisches sein (7 von 10 Menschen werden dann in städtischen Arealen wohnen); regionale Migration folgt ökonomischen Verschiebungen zwischen „push“- und „pull“- Regionen (der Süden USA gehört zu den anziehenden Regionen); demografische Verschiebungen in Alter, Ethnie und Haushaltsgröße werden neue Märkte kreieren und Gebiete in Gewinner sowie Verlierer spalten.7

Diese grobmaschigen Tendenzen werden durch das ULUI mit einer Vielzahl von differenzierten Analysen zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in den USA untersetzt. Ohne an dieser Stelle auf alle Einzelheiten, die für das Thema GHG-Emission bedeutsam sind eingehen zu können, seien vor allem die Untersuchung zur geografischen Verteilung des CO2-Fussabdrucks in den 100 größten Metropolregionen der USA sowie der VMT-Index angeführt:

Beim „Carbon Footprint“ der großen Agglomerationen zeigt sich ein direkter Zusammenhang mit der Besiedlungs- und Suburbanisierungstendenz: Die Schwerpunkte der Suburbanisierung sind auch die der höchsten CO2-Relevanz.8 Florida gehört zu den Regionen mit einem größten Fußabdrücke. Beim VMT kann – jeweils in Relation gemessen - eine Verdopplung der Fahrmeilen bei nur 50% Steigerung Fahrzeugzulassungen und nur 25% Bevölkerungswachstum zwischen 1980 und 2004 fest gestellt werden: ein klares Indiz für die Zunahme der Suburbanisierung (Urban Sprawl), d.h. die Zunahme von Entfernungen in Folge geringer Bebauungsdichten.9 Danach lassen sich klare Korrelationen zwischen urbanen Kernen als geringer Emittenten und suburbanen als enorm großer Emittenten nachweisen, wie das z. B. für die Region Chicago untersucht worden ist.10 Aber nicht nur die Analyse dieser Zusammenhänge wird vom ULI vorgenommen. Es wird auch ein Trendmonitoring dargestellt, wie z. B. für Kalifornien, wo ein Abgleich zwischen den GHG-Emissionszielen und den tatsächlich erreichten Werten abgeglichen wird. Ein Bilanz, die nicht positiv ausfällt.11
Nun lassen sich derartige Untersuchungen von vielen anderen Instituten auch ermitteln. An erster Stelle wäre hier das „Post-Carbon-Institute“ in Santa Rosa, Kalifornien, zu nennen, ein Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel.12 Doch gerade das ULI als weltgrößte Dachorganisation der Bodenbesitzer- und Immobilienwirtschaft gibt mit seinen Untersuchungen dieser Branche Orientierungen für Investitionen und finanzwirtschaftliche Anlagen. Sie decken sich in vielen Aspekten mit denen des „Post-Carbon-Institute“, doch erreichen sie die Developer wirksamer. Dies mag auch ein Hintergrund sein für die Developer in Florida, ihr Projekt in einer sehr auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Weise zu gestalten.13


High-Tech-Gartenstadt: Babcock Range14- Zero-Emission auf dem Papier15


Das ca. 70 km2 große Areal im südwestlichen Teil von Florida, nahe der Stadt Fort Meyers mit dem internationalen Flughafen, ist noch unbebaut. Das weite, zu einem Teil geschützte Gebiet, wird als Farmland genutzt. Hier soll aber in den nächsten Jahren eine ökologische Musterstadt Platz finden, wie sie in den USA noch nicht gebaut worden ist. Längst sollten sich Kräne drehen, aber die Finanzkrise hat alles verzögert. Der Developer ist zuversichtlich, das ambitionierte Projekt doch noch auf den Weg zu bringen.16 das Projekt soll, anders als bei Civano, in einem PPP-Modell zwischen Investor und Staat Florida entwickelt werden. Inzwischen ist noch eine Solarfirma mit in das Projekt involviert. Bemerkenswert an dem gesamten Vorgang ist zunächst, dass der Staat Florida das gesamte Gelände von den früheren Besitzern erworben hat, um weite Teile als Naturschutzgebiet auszuweisen. In dieses Gelände soll nun sensibel und mit größter Rücksichtnahme auf den Naturschutz, das Projekt integriert werden.17 Damit wurde schließlich 2006 das größte Schutz- und zugleich Entwicklungsprojekt des Bundesstaates auf den Weg gebracht, unter Einschluss des privaten Developers. Im gleichen Jahr startete der Entwickler den – öffentlich geführten – Designprozess für die Planung einer ganzen Stadt mit letztlich ca. 45.000 Einwohnern und beabsichtigten 20.000 Arbeitsplätzen. Diese sollen sich dezentral über vier Dörfer (mit urbanem Zentrum) und fünf Weiler verteilen.


Der Plan mutet wie eine klassische Gartenstadt an, mit einem Hauptort, der deutlich urbanen Charakter tragen soll, und verschiedenen Satelliten. Alles soll sich in eine wasserdurchzogene Landschaft einfügen. Im Hauptort soll sich auch eine Außenstelle der Florida Golf Universität ansiedeln. Daraus soll sich dann ein forschungsbasiertes Solarcluster entwickeln. Ein zentrales Groß-Solarkraftwerk (immerhin 75 MW Leistung, was zumindest für den Wohnanteil ausreichen dürfte) soll die gesamte Stadt mit Elektroenergie versorgen. Weitere Solarsystem sind geplant, die letztlich die Stadt zu einem Energieexporteur machen sollen: eine Energie-plus-Stadt. Die durchgängige Fahrradorientierung und umfassende Recycling-Technologien komplettieren das Projekt. Schließlich sollen alle Gebäude des Projektes, so die Absicht, den höchsten Green-Building-Standard erfüllen und selbst ein Symbol für eine grüne Hochtechnologie darstellen. Die Nutzung des „smart grid“, eines umfassenden medialen Vernetzungssystems zur Steuerung der Energieeffizienz, sowie weitere High-Tech-Komponenten werden Babcock Range prägen. Das Ziel bringen die Autoren und Entwickler mit dem Begriff „smart city“ auf den Punkt. Eine Musterstadt nach Lehrbuch scheint hier in den nächsten Jahren zu entstehen – ein Modell für die USA insgesamt. Die Stadt soll aber auch ein Standort für die Solarindustrie werden und somit ein Zeichen setzen für eine neue wirtschaftliche und ökologische Ausrichtung der USA.
Dazu kommt die eine flächensparende Bebauung des Areals, bei der 90 % des Landes als Schutzgebiet offen gehalten werden. Auch in dieser Hinsicht soll das Projekt Maßstäbe setzen. Dies hatte bereits der Disney-Konzern mit seiner Kleinstadt Celebration, unweit der jetzt geplanten Stadt, vor einem Jahrzehnt realisiert, wenngleich ansonsten dort wenige ökologische Maßnahmen umgesetzt worden sind.18 Das Geschäft mit der Natur ist offenbar das Markenzeichen dieses Vorhabens. Ma sein, dass die Ökobilanz am Ende tatsächlich aufgeht und die Anlage einen deutlichen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausemissionen leisten kann. Noch ist alles Papier, das sehr anspruchsvolle und ambitionierte Maßstäbe setzt. Die Finanzierung des Naturschutzes über den Bau und die Vermarktung von Siedlungsgroßprojekten lässt Zweifel aufkommen ob der Nachhaltigkeit des gesamten Unterfangens. Schutz durch quersubventioniertes Geschäft kann auch dazu führen, dass – bei entsprechenden Renditeerwartungen – der Schutzstatus schrittweise zurück gedrängt wird und sich alles als wohl klingendes Marketing entpuppt. Es kann aber auch anders kommen.
Babcock Range verspricht ein lukratives Projekt zu werden. Es liegt in einer der prosperierendsten Regionen der USA. Seit etwa 100 Jahren ist entlang der Küsten und dann im Inneren der Halbinsel ein umfassendes Siedlungsgebilde entstanden, das nur von den Everglades und anderen Naturschutzgebieten sowie militärischen Zonen unterbrochen wird. Ein Vorgang spielte sich ab, der in den USA generell zu beobachten ist, aber in Florida besonders prägnant erscheint: „The City becomes the Nation“.19
Die Dynamik Floridas resultiert aus einer beachtlichen Wirtschaftskraft.20) Mit fast 350 Mrd. Dollar Bruttoinlandsprodukt würde Florida auf Platz 18 in der Skala einer weltweiten Nationenwertung einnehmen. Der Tourismus spielt dabei eine wesentliche Rolle, zunehmend aber auch Finanzdienstleistungen und High-Tech. Mit etwa 16 Millionen Einwohnern ist Florida der viertgrößte Bundesstaat der USA (gemessen an der Bevölkerungszahl) leben auf 150.000 km² und erfahren täglich einen Zuwachs von 900 Menschen (1950 lebten auf der Halbinsel noch 2,8 Mio. Menschen). Dies entspricht einer Einwohnerdichte von etwas mehr als 100 EW/km2 - ein geringer Wert, der nur aus der für den Sprawl typischen weiträumigen Verteilung der Bewohner in Einfamilienhäusern resultiert.
Das explosionsartige Wachstum der städtischen Räume verläuft überwiegend in Gestalt des „Urban Sprawl“. Fünf der größten Städte Floridas gehören heute zu den „TOP 20“ der Hit-Liste der sich am stärksten in die Landschaft ausbreitenden „Urban Sprawl Areas“ in den USA.21 So wuchsen im Zeitraum von 1990 bis 1996 die Einwohnerzahlen von Orlando um 28% und die zersiedelte Fläche um 68%. In Pensacola im Nordwesten sieht dieses Verhältnis noch gravierender aus: bei ähnlichem Bevölkerungswachstum vergrößerte sich diese „Stadt“ um 95%. Seit gut einem Jahrzehnt hat sich der Schwerpunkt zusätzlich in den südwestlichen Teil und an die Golfseite verlagert, mit dem Schwerpunkt zwischen Tampa und St. Petersburg sowie Fort Myers.22 Damit erreicht der Suburbanisierungsgrad der an den Küstenzonen überhaupt noch bebaubaren Flächen die Grenze des Machbaren.
Umbruch im Wachstum – Grenzen und Qualitäten
Diese sich in den 1980er Jahren abzeichnende Situation erreichte allmählich auch die Politiker des Staates Florida.1994 wurde dann ein denkwürdiges Jahr für die bis dahin ungebremste Wachstumspolitik. Der Staat beschloss den „Everglades Forever Act“, ein Gesetz zur Renaturierung insbesondere des Wasserreservoirs der Halbinsel. Unter dem Druck der wachsenden Bevölkerung und des Touristenansturmes, aber auch der Ausbreitung der Siedlungsfläche wurden die Everglades vor allem nach dem 2. Weltkrieg auf die Hälfte reduziert. Die Wasserversorgung des Großraumes Miami lief Gefahr, zu kollabieren.23 Dies alarmierte die Behörden und die Öffentlichkeit. Wassermangel auf der einen Seite und Überflutungen wegen ungenügender Absorptionsflächen für die Wassermassen, die jährlich durch die Hurrikans und Stürme der Regenzeit herangebracht werden, auf der anderen ließen eine Kurskorrektur der Wasserpolitik reifen. So konnte dieses Gesetz zur umfassenden Renaturierung und zur Fixierung von Grenzen der Ausbreitung der Siedlungsfläche verabschiedet werden.
In diesem Zusammenhang entstand die Frage nach einer neuen Art der der Siedlungsweise, die auf die natürlichen Grenzen des Wachstums reagieren kann, also natursicherndes „inneres Wachstum“ ermöglicht. Bei einem anhaltenden Zustrom von Menschen, vor allem auch Pensionäre, und einem immer weniger verfügbaren Siedlungsraum, entsteht die Notwendigkeit des Umbaus der vorhandenen Bereiche und deren Verdichtung. „Areas in Transition“ lautet der Ansatz, der mit über 60 Projekten erste praktische Umsetzung erfährt.24 Doch ist stehen diese Projekte einer Vielzahl konventioneller Projekte gegenüber, die noch immer wachsen. Doch darf die Symbolwirkung nicht unterschätzt werden, die Vorhaben im Sinne der Nachhaltigkeit langfristig für den Markt.
Das atemberaubende Wachstum der Städte und des Tourismus veranlassten die staatlichen Behörden Anfang der 70er Jahre sich mit den ersten Folgen der ungebremsten Zersiedlung zu beschäftigen. Vor allem der Verlust von Farmland und ein steigender Wasserverbrauch waren die Gründe für Gesetzesvorhaben und Regulationsinitiativen. Der Gouverneur des Bundesstaates, Askew, berief 1971 eine Gruppe von 150 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Umweltbewegungen als Mitglieder in die „Water Management in South Florida Commission“. Diese Gruppe verfasste im gleichen Jahr den ersten umfassenden Umwelt Plan der USA für den gesamten Bundesstaat, in welchem ein bis zum Jahr 2000 reichendes Schutzprogramm für gefährdete Landschaften und Wasserressourcen dargestellt wurde.25
Diesem Vorhaben folgte 1975 ein Gesetz zur Landesplanung, das jede Stadt und jeden Bezirk veranlasste, einen Plan für den Schutz von sensiblen Landschaften, der wichtigsten Flächennutzungen und vor allem des Managements des Wachstumsprozesses zu erstellen. Kernelemente dieser Pläne waren die Festlegung von Grenzen für das maximale Wachstum der Siedlungsfläche. Diesen ersten, kaum wirkungsvollen Versuchen, das Wachstum zu lenken, folgten in der 90er Jahren Initiativen für ein „Sustainable South Florida“.26 Florida wurde zu einem Vorreiter für eine qualitative Änderung der Wachstumspolitik.27
Alle Planungen in Florida, die nicht einem weiteren Fortschreiten des konventionellen Subdivision-Sprawl frönen, sondern nach verdichteten, nicht so stark autoabhängigen und urbaneren Lösungen suchen, sehen sich in einer Tradition der Planwerke für die Stadtlandschaft von John Nolen. Er entwarf 1922 den ersten Gesamtplan für das „Eden Florida“, der letztlich weite Teile des Staates in ein landschaftliches Paradies verwandeln sollte.28 In St. Petersburg, Venice, Naples oder in Coral Gables/Miami ist einiges dieser weitreichenden, in der Tradition der Europäischen Gartenstadt stehenden Planungen umgesetzt worden. Bereits 1977, also weit vor der Gründung des Congress fort he New Urbanism (1993), entschloss sich die Stadtregierung von Venice nicht nur Nolen ein Denkmal zu setzen, sondern - diese ursprüngliche Idee wieder zu reaktivierend - einen Gesamtplan gegen die Ausbreitung des Sprawl zu starten. Den komplementären Versuch, nämlich die Reaktivierung des Stadtzentrums als alternativem Wohnort in die Wege zu leiten, begann die Stadt Naples mit dem Erneuern der Mainstreet in Down-Town als Ankerprojekt für eine Umkehr der Stadtentwicklungsprojekt.29
Florida gehört, wie der Sunbelt, zu den attraktiven, anziehenden Gebieten in den USA. Doch anders als in Arizona oder Texas, ist Florida bereits weitgehend zersiedelt. Nur wenige Areale stehen überhaupt zur Verfügung, um den immer noch anhaltenden Zuzug zu verteilen. Dieser scheint auch in den nächsten beiden Jahrzehnten ungebrochen – vor allem nach Südflorida – anzuhalten: Es wird ein Zuwachs um ca. 2 Mio. Einwohner erwartet.30 Um diesen Ansturm zu kanalisieren kommt nun offenbar dem Umgang mit den Schutzgebieten – soweit sie überhaupt bebaubar erscheinen – eine Schlüsselrolle zu. Ohne den Schutzcharakter aufzugeben – inzwischen ist deutlich geworden, welche enorme Bedeutung diese Gebiete für die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichtes, insbesondere hinsichtlich des Wasserhaushaltes, aber auch zur Reduzierung der Treibhausemissionen haben.31
Babcock Range könnte somit zu einem Präzedenzfall werden. Mit dem auf High-Tech basierenden Projekt wird der technologische Weg zur Mitigation gewählt, unter der Maßgabe einer Dezentralisierung der Ver- und Entsorgung. Das Projekt stellt die Technologien auch in den städtebaulichen Animationen in den Vordergrund. Das urban design ist eher konventionell modern, ohne besondere gestalterische Akzente. Ob dies letztlich zu Problemlösungen führt, sei dahin gestellt.


Ökologische Mustersiedlung mit hohem Designniveau: Civano32 - in der Wüste


Der vor etwa 15 Jahren eingeleitete Planungs- und Bauprozess für eine Siedlung am Rande der Großstadt Tucson in Arizona markierte zu dieser Zeit eine Besonderheit. Diese Siedlung fiel aus dem Rahmen des üblichen Sprawl-Siedlungsbaus in den USA, ja sie stellt auch aus internationaler Sicht etwas Besonderes dar. Sie ist auf den ersten Blick keine Öko-Siedlung, keine Anlage mit den all den Attitüden, die derartige Anlagen gemeinhin ausmachen: Keine Solaranlagen, kein Windrad, keine Selbstversorgergärten, keine gesonderten Fahrradtrassen usw. Das Design der Siedlung setzte auf andere Aspekte. Am 16. April 1999 wurde der erste Bauabschnitt eingeweiht, begleitet von einem Grußwort des damaligen Vizepräsidenten Al Gore: "Ich mochte den Partnern der Stadt Civano, dem Bürgermeister Miller und der Stadt Tucson gratulieren, dass sie uns zeigen, dass der Traum des 19. Jahrhunderts im 21. Jahrhundert Wirklichkeit wird." Noch ganz getragen vom Pioniergeist der Besiedler des neuen Kontinents, richtete Gore diese emphatischen Worte an die Wegbereiter einer neuen Art der Besiedelung des Westens. Nunmehr sollte es nicht schlechthin um die Eroberung des Landes gehen, sondern um die neue Art dieser Inbesitznahmen, nämlich einer der Nachhaltigkeit verpflichteten Bebauung.
Civano liegt am südöstlichen Rand von Tucson, nahe der mexikanischen Grenze. Die enorm wachsende Stadt zählt mehr als 700.000 Einwohner. Sie liegt im prosperierenden "Sunbelt" des amerikanischen Südwestens. Hier konzentrieren sich die neuen Industrien der Hight-Tech-Branchen, der Rüstung und Raumfahrt, aber auch des Vergnügens und der Unterhaltung, deren bekannteste Zentren zwischen Houston und San Diego liegen, wie z. B. Phoenix, Las Vegas oder aber zunehmend auch Tucson. Diese Orte erhielten im Regionen-Ranking der Attraktivität für die sog. Kreative Klasse seit 1999 stets einen Platz unter den ersten 50 bzw. 15 von den betrachteten 268 Regionen in den USA.33
Doch zugleich gehört gerade dieser Raum der USA zu den am stärksten zersiedelten Gebieten – und dabei enorm weiter wachsenden suburbanen Arealen in den USA.34 Der Großraum Phoenix, zu dem auch Tucson zählt, gehört folgerichtig zu den „Hot-Spots“ der USA, also Orten mit den höchsten CO2-Emissionen.35
Diesen Widerspruch aufzulösen, schickten sich die Planer und Developer mit dem Bau von Civano an. Es sollte eine neue Verbindung von Leben im „Stadt-Land“ und einer Einbindung in die Natur gelingen, wovon Gore offenbar träumte. Folgerichtig wird die Siedlung als ein Modell der Nachhaltigkeit eines neuen „Way of Life“ vermarktet. Im Zentrum stand die Überlegung, eine Kombination von verschiedenen technischen Elemente nachhaltiger Siedlungsentwicklung vorzunehmen: aktive und passive Sonnenenergienutzung, alternative Baumaterialien – vor allem Stroh und Recyclingbaustoffe, Wassersparausrüstungen sowie ein rationales Flächenmanagement und eine konsequente Fußgängerermöglichung, verbunden mit baulich-funktionalen Angeboten für das Entstehen sozialer Vielfalt. Damit gehörte die Siedlung Civano zu den beiden einzigen von der Regierung 1999 anerkannten "sustainable communities" in den USA und zu den sechs von der Bundesregierung unterstützten Projekten im Rahmen des PATHProgrammes (Partnership for Advancing Technology in Housing).
Die Idee zu einer Solar-Siedlung in Tucson entstand bereits um 1980. Der damalige Gouverneur von Arizona förderte diese Idee massiv. Dennoch nahm sie erst 1995 konkrete Formen an, als sich Enthusiasten der Gemeinde Civano, der Stadt Tucson, Architekten des CNU und der bundesweit agierende Baufinanzierer Fannie Mae zusammentaten und den Planungsprozess starteten. Entscheidend war das Engagement von Fannie Mae, fünf Millionen Dollar in den ersten Bauabschnitt über seinen "American Community Fund" (ACF) zu investieren, ein Fonds, der für ökologisch innovative und zugleich komplizierte Finanzierungsprojekte flexibel einge-setzt werden kann. Aus heutiger Sicht ein ökologisch positives Wagnis, das jedoch von den ansonsten spekulativ ausgerichteten Fonds dieses Marktführers in ein Risiko gezogen wurde.36
Civano ist in vier Nachbarschaften für 2.600 Familien, das sind etwa 10.000 Einwohner, auf einer Fläche von ca. 465 ha vor, was einer Dichte von 2.100 EW/km2 entspräche, also für einen suburbanen Bereich sehr hoch ausfällt. 35 Prozent des Areals sind öffentlichen Nutzungen vorbehalten, was ebenfalls untypisch ist für amerikanische suburbane Gebiete. Auf ca. 10% der Fläche sollen sich kommerzielle und industrielle Einrichtungen ansiedeln. Den Kern dieses wirtschaftlichen Standbeines der Siedlung bildet ein 25 ha umfassendes Umwelt-, Technologie- und Geschäftszentrum (kein Shoppingcenter I). Dies allerdings ist nur in Ansätzen realisiert und wurde auf den Gesundheitsbereich orientiert.
Die Siedlung weit eine Staffelung von Einfamilienhäusern unterschiedlicher Standards auf, die von einfacher Ausführung - mit Preisen zwischen 90.000 und 200.000 Dollar (je nach Größe) bis zu Häusern mit besonderen ökologischen Stan-dards reichen, für die zwischen 100.000 und 300.000 Dollar bezahlt werden müssen.
Die Grundrisse der Wohnungen sind dem Klima angepasst, wodurch bis zu 50 Prozent weniger Energie für Klimatisierung verbraucht wird als bei vergleichbaren Siedlungen, bezogen auf den Stand 1995.37 Mehr noch: die erzielten Werte im Energie- und Wasserverbrauch liegen jeweils deutlich unter dem Durchschnitt der Vergleichswerte der Stadt Tucson (bis zu 50%). Die elektrische Energie wird über integrierte Solarsysteme erzeugt und über ein separates, internes Netz verteilt. Gepaart mit natürlichen Kühlungssystemen, besonders wärmeeffizienten Fenstern und wärmeabweisenden Bauteilen (vorrangig aus natürlichen Materialen) ergeben sich deutliche klimarelevante Vorzüge dieser Siedlung. Dabei ist zudem ein Anteil von ca. 20% sozialer Wohnungen, die durch Quersubvention finanziert werden, sogar ein wirtschaftlich erstaunliches Ergebnis erzielt worden.
Die Planung für den Bau der Siedlung der ersten Nachbarschaft begann im September 1996 mit einer Charrette, an der die drei Büros Moule & Polyzoides aus Pasadena, Kalifornien, Duany/Plater-Zyberk aus Miami, Florida, und Wayne Moody aus Tucson, Arizona, beteiligt waren. In der Charrette, einem vielfach erprobten Instrument für effiziente und öffentliche Planungen, entstanden in wenigen Tagen die Grundzüge des "Regulating-Plan" (Masterplan) und die Bautypologie, der "Civano-Code", ein Musterbuch mit den Elementen der städtebaulichen Regulation.
Civano wurde also nicht als eine der üblichen endlosen Aneinanderreihungen von Einfamilienhäusern geplant, sondern nach dem Modell der amerikanischen Kleinstadt mit ihren klaren Randausbildungen, baulichen Hohepunkten in den Zentren, den Sicht- und Funktionsbeziehungen sowie dem Netz öffentlicher Räume. Damit hat die Siedlung per se einen geringeren Ausstoß an Treibhausgasen als der Durchschnitt in den USA. Sie ist aber immer noch autoabhängig, auch wenn die Fußläufigkeit ermöglicht wird. Bemerkenswert erscheint vor allem die Bauweise. Sie ist vornehmlich auf low-tech gegründet und damit weniger anfällig an klimatische Störungen. Die Architektur orientiert sich an der für diese Klimalage angepasste Pueblo-Baustrukturen. Ihre Herstellung allein vermindert die CO2-Emission. Die Anlage kann als ein Meilenstein auf dem Wege zur Null-Emissions-Stadt angesehen werden. Sie zeigt aber auch die Grenzen dieses Modells: Die Vermarktung der Bauten geriet im Zuge der Immobilienkrise ins Stocken, ein Wechsel im Management brachte Modifikationen im Konzept, die eine partielle Rücknahme von gestalterischen und ökologischen Qualitäten mit sich brachten. Die Anfälligkeit dieses Finanzierungs- und Baumodells konnte nicht überwunden werden.38 Letztlich aber bleibt die Frage, warum sich ein offenkundig erfolgreiches Modell nicht massenhaft durchsetzen konnte – Civano ist immer noch ein Sonderfall. Die außergewöhnlichen Anstrengungen, die von Akteuren der öffentlichen Hand, von Developern und Planern notwendig sind, selbst wenn sie keine zusätzlichen Finanzen benötigen, um ein solches Ergebnis zu erreichen, behindern offenbar die Verbreitung dieses Modells. Es lassen sich einfacher und schneller Gewinne erzielen am konventionellen Markt.
Planvolles Chicago39: die erste „Null-Emissions-Stadt“
In Chicago kulminiert ein paradigmatischer Wandel der Stadt- und Verkehrspolitik. In keiner anderen Region ist in den letzten 10 Jahren ein derart dichtes System von Planwerken zur langfristigen Stadt- und Regionalentwicklung erstellt worden wie im Großraum Chicago. Die Stadt- und Regionalverwaltung erarbeiten diese Pläne mit dem steten Verweis auf die große Tradition in der umfassenden Planung, die mit dem Burnham-Plan von 1909 eine Kultur der weitreichenden Planung begründet wurde. Die Planungen sind sehr komplex angelegt, beziehen sich in ihren Zielaussagen explizit auf die stringente GHG-Reduzierung, die letztlich eine „CO2-freie“ Stadt werden solle.40
Die Stadt hat sich in dem „Greenhouse Gas Reduction Plan“ sich das Ziel gestellt, bis 2050 eine „Zero-Emission“ Stadt zu werden.41 Angesichts der heutigen Situation scheint ein solches Ansinnen fast utopisch zu sein, doch ohne ambitionierte Absichten kann ein global erforderliches Ziel nicht erreicht werden. Es ist zugleich ein Signal innerhalb der USA. Dieses Ziel ist räumlich durch die Strategie des stadtregionalen Umbauplanes Metropolis 2020 und des Regionalplanes bis 2050 untersetzt.42 Die Strategien sehen u. a. vor, dass die Ausbreitung des Sprawl „aufgesogen“ werden soll und sich die Sprawlfunktionen (Wohn-, Gewerbe,- Dienstleistungssprawl) in sog. „Intermodal Villages“, den verdichteten Vororten, die zugleich Kreuzungspunkte des öffentlichen Regionalverkehrs an Grünkorridoren sind, konzentrieren soll. Damit werden die alten autobezogenen „Edgecities“ abgelöst. Im Plan sind bisher 23 solcher „Intermodal Villages“ vorgesehen. Sie sind vorrangig den Gebieten des kritischen Wachstums, also jenen Arealen, die sich durch erhöhten Sprawldruck auszeichnen. Diese Knoten werden zudem mit einer neuen Ringbahn und radialen, insbesondere nach Süden erschlossen. Dieses schienengebundene System wird ergänzt durch Lückenschlüsse im Highway-System (mit moderatem Ausbau) und intermodalen Zentren (Infrastrukturverbünde Schiene-Straße-Luftverkehr).43 Dieser regionale Umbauplan stellt die räumliche Entsprechung für die technologiebezogene GHG-Reduzierung in den „darüber liegenden“ Planungen dar.
Eingehende Untersuchungen zur Verteilung der GHG-Emissionen in der Region bildeten die Grundlage für die Strategie der „Absorption“ des Sprawl. Dieser ist der Hauptemittent der CO2-Gase.44 In diesem gesamten Feld der komplexen Planwerke stechen zwei heraus, die den Fahrplan für die „CO2-freie“ Stadt ausweisen:
- “Emission Inventories and Reduction Strategies for Chicago and its Metropolitan Region” sowie
- “Towards Zero Carbon – The Chicago Central Area DeCarbonization Plan”
Beide Strategien bzw. Pläne wurden in jüngster Vergangenheit erstellt (2010 bzw. 2011) und krönen die integrierten Planwerke für die Stadt und Region aus dem Beginn des zurückliegenden Jahrzehnts. Während letztere als rahmensetzende Initiativen der Verwaltung und Politik ausgingen, wurden die GHG-Planungen von zivilgesellschaftlichen Initiativen bzw. von privaten Unternehmen und Architekturbüros erstellt – natürlich in Partnerschaft mit der Verwaltung und zahlreichen Sponsoren und Mitwirkenden. Beide Planungen sind handlungsorientiert und unterbreiten konkrete Maßnahmen sowie Projekte. Ihre Ziele sind normativ und zeitlich gestaffelt. So orientiert der regionale Plan auf die Zielmarke von 6,5 Mio. t GHG im Jahr 2050, bei einer Ausgangsgröße von 36,2 Mio. t GHG im Jahr 2005.45 Die Maßnahmen konzentrieren sich auf die drei zentralen Bereiche mit den größten GHG-Emissionen: Elektrizität, Verkehr und Heizung/Kühlung. Dafür werden jeweils konkrete Schritte und Schwerpunkte sowie Partner benannt, die an der Umsetzung mitwirken. Flankiert wird dieser Plan durch private Initiativen zu einem regionalen Emissionshandel.46
Beim DeCarbonization Plan handelt es sich um einen dezidiert städtebaulichen Plan, der das gesamte und sehr komplexe Feld der GHG-Reduktion - letztlich auf „Null“ bis 2030. Das Architekturbüro Adrian Smith + Gordon Gill (Chicago) erarbeitete das Planwerk, welches sich auf den sog. Loop bezieht, also die Kernstadt mit der größten Hochhauskonzentration.47 Ausgangspunkt war die Absicht der Eigentümer des Sears (Willis)-Towers, diesen klimaneutral umzubauen. Ausgehend davon weiteten die Architekten das Vorhaben auf den gesamten Loop aus, weil das Fokussieren auf nur ein Bauwerk letztlich keine Effekt bringen würde, woraus dann eine sehr breit gefächerter Plan, vom urban design bis zu technologischen Lösungen für Abfall-Recycling reichend, entstand – eine Vision für Chicago-Down Town im 21. Jahrhundert.48 Dieser ambitionierte Plan enthält ebenfalls konkrete Projekte und Maßnahmen, die z. T. durch staatliche Programme flankiert bzw. angeregt werden, vor allem aber wird dieses Ziel durch private Investoren zu realisieren sein. Zwar erhalten in dem Plan die Technologien eine herausragenden Stellenwert, jedoch wird dabei – vor allem beim Thema Energie – nicht nur auf den Einsatz erneuerbarer Energien gesetzt, sondern zugleich die „Philosophie“ verändert: Dezentralität und Effizienzsteigerung werden verknüpft.49 Da mit dem Initialprojekt, dem Umbau des Willis-Towers begonnen wird, stehen die Chancen nicht schlecht, dass zumindest Teile der hochfliegenden Pläne umgesetzt werden. Chicago ist mit den GHG-Reduzierungsstrategien – im Sinne von Mitigation – ein Vorreiter in den USA. Hier wird langfristig wirklich an der „Null-Emissionsstadt“ gebaut.


Resilient Los Angeles: eine Megastadt wird aus der Krise zum Modell


Was passiert, wenn es zum klimabedingten Kollaps kommt? Es kann wohl durchaus in Erwägung gezogen werden, dass, wenn die USA nicht einen Weg finden, sich aus der Falle des „American Way of Life“, der vollständigen Abhängigkeit vom Öl und der ungebremsten Konsumtion von Flächen, Wasser und anderen Basisressourcen zu befreien, dass es zu massiven sozialen Konflikten kommen wird, ganz abgesehen von globalen Auswirkungen. Los Angeles wird in der Literatur50 als das erste Beispiel genannt, das es geschafft hatte, sich nach einem Menschen gemachten Desaster wieder zu erneuern. Dies war kein vorhersehbarer Prozess gewesen. Er wird jetzt aber als ein solches Beispiel bewertet, von dem gelernt werden kann. Es handelt sich also um die komplementäre Seite der nachhaltigen Entwicklung und der damit zu erreichenden Reduzierung der GHG-Emissionen. Damit komplettiert sich auch die strategische „Dreieinigkeit“ von Adaptation, Mitigation und Resilienz als Schlüssel für eine ganzheitliche und effektive, aber durchaus auch marktgetragene und letztlich CO2-freie Stadtentwicklung.
Vom 29. April bis 2. Mai 1992 brannten große Teile der Downtown nieder. Es war kein Erdbeben, es waren die größten sozialen Unruhen, welche die Stadt je erlebt hatte. Das Epizentrum lag im Umfeld von Bunker Hill, des Gründungsorts von L.A.51 Diese soziale Eruption erschütterte nicht nur die Stadt, sondern markierte zugleich eine Zäsur in der Planungspolitik der Stadt-Region.
L.A. war im Laufe des 20. Jahrhunderts zu einer der wichtigsten ökonomische Zentren und Megastädte der USA aufgestiegen.52 Hier ballten sich Unternehmen der Öl-, Auto- und Luftfahrtindustrie. Der Großraum L.A. wurde zu einem Schwerpunkt der Rüstungsindustrie, aber auch der Film- und Freizeitindustrie. Im Laufe dieser industriellen Modernisierung wurde, neben der exorbitanten Ausweitung des Sprawl und dem Ausbau des Autobahnnetzes in der gesamten Stadt-Region, auch der zerstörerische Umbau der Kernstadt eingeleitet, der besonders Bunker Hill betraf. Dieser oberhalb des imposanten Rathauses gelegene Hügel war vor 100 Jahren ein beliebter Wohnort für die höheren Schichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er allerdings in den Schatten der neu angelegten, randlagigen Einfamilienhausareale (z. B. „Panorama City“).53
Etwa Mitte der 1960 Jahre startete die Stadtverwaltung eine Radikalkur für diesen – aus Sicht der Verwaltung und Stadträte – besonders unansehnlich gewordenen Stadtteil. „Clearance“ hieß die Parole, bei uns als „Kahlschlagsanierung“ bekannt. Tatsächlich wurde das gesamte Gebiet komplett abgerissen. Der Autobahnring um die „Altstadt“ wurde geschlossen, eine Querspange durch das Gebiet geschlagen, und erste Parkhäuser sowie (wenige) Bürohäuser wurden gebaut. Die Entwicklung verlagerte sich in den profitableren Südteil der Downtown, nach South Park. Hier entstand als erstes in den 1970er Jahren das Convention Center, welches später
50 Fulton, den Sport- und Entertainment Komplex.54 Bunker Hill begann erneut zu veröden – Brachen, Parkplätze und ohrenbetäubender Verkehrslärm verdrängten die letzten Anwohner. Zugleich mehrten sich die Obdachlosen. Die alte Stadtmitte wurde von den weißen Mittelschichten aufgegeben. Dieser Prozess gewann an Dynamik, als nach dem Ende des Kalten Krieges Abrüstungsmaßnahmen griffen. Zahlreiche Rüstungsbetriebe wurden geschlossen oder verlagert. Die Krise der gesamten Stadt-Region eskalierte. Sie betraf vorrangig die wenig qualifizierten Arbeitskräfte, zumeist Farbige. Ein rassistisch gefärbtes Gerichtsurteil im Frühjahr 1992 ließ dann den „sozialen Vulkan“ ausbrechen. Er entlud sich mit ungeahnter Gewalt. Weite Teile der Kernstadt gingen in Flammen auf, regelrechte Straßenschlachten tobten, wie wir sie nur aus Kriegsgebieten kennen.
Die Stadtregierung antwortete auf diesen Ausbruch der Gewalt nicht nur mit Notmaßnahmen und Sozialprogrammen, sondern auch mit einer Kehrtwende in der Politik für die Stadtmitte. Statt allein auf die Marktkräfte zu setzen, sollte nun eine planvolle Umgestaltung unter Nutzung von starken Marktakteuren eingeleitet werden. Ein erstes Instrument waren „Flaggship-Projekte“ (z. B. Gehrys Disney Music Hall). Ab 1999 wurde mit dem „Adaptive Reuse Ordiance“ diese strategisch ausgelegte Kernstadtplanung sanktioniert.
Um diesem Prozess gegen zu steuern, vor allem aber auch, um eine Gesamtstrategie für den Großraum L.A. zu gewinnen, wurde ab 2000 ein systematischer Planungsprozess begonnen, der den nachhaltigen Umbau der Stadtregion L.A. zum Ziel hat. Dafür schlossen sich die 191 selbständigen Kommunen des Großraumes L.A. zur größten Planungsorganisation der USA, der SCAG (Southern California Association of Governments), zusammen.55 Der 2004 von der SCAG vorgelegte und in einem umfassenden Beteiligungsprozess erarbeitete „Compass-Plan“ für die 18-Millionen-Metropole zielt auf eine polyzentrale Stadtregion, deren infrastrukturelles Grundgerüst ein wieder aufgebautes System an Straßen- und Stadtbahnen (diese waren bis in die 1960er Jahre vollständig abgerissen worden – zugunsten von neuen Stadtautobahnen) sowie ein Netz revitalisierter Stadtzentren ist.
Der „Compass-Plan“ ist kein flächenhaft alle Aspekte der zukünftigen Entwicklung umfassender Plan. Vielmehr fokussiert er auf die wichtigsten Aussagen, die für die strategische Entwicklung entscheidend sind.56 Auf der Grundlage einer SWOT-Analyse wurden Szenarien für zentrale Themen entwickelt. Diese Themen entstanden in einem breit angelegten öffentlichen Workshop-Prozess (spezielle Charrettes). Im Ergebnis waren ca. 100 Pläne für die Themen, Teilregionen und für den gesamten Planungsraum entstanden.57
Im Jahr 2008 entstand auf der Grundlage des „Compassblueprint“-Plans der Comprehensive Plan als rechtsverbindlichem Planwerk.58 Überlagert wird dieser räumlich-funktionale Plan durch das sog. „SB 375“ - Gesetz zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen.59 Es handelt sich um ein Umsetzungsvorhaben, das durch einen eigens eingerichteten Board forciert wird (California's Air Resources Board - CARB). Dieser befindet über alle Maßnahmen mit Klimarelevanz. Damit ist die GHG-Emissionsfrage zu einem politischen Steuerungsthema erhoben worden, das im Zusammenhang mit dem räumlichen Plan und der breiten Beteiligung der Öffentlichkeit zu einem wirksamen Instrument der stetigen GHG-Reduzierung werden kann.
Die sozial-ökologischen Probleme von L.A. sind gigantisch. L.A. könnte sich jedoch als erste resiliente Megastadt der Welt erweisen.60 Die dem (vielleicht) nicht mehr abwendbaren Klimawandel möglicherweise folgenden sozialen Konsequenzen und die denkbaren adaptiv-emergenten/planerischen Reaktionen darauf, können in L.A. studiert werden.
Fazit
DIE „CO2-freie Stadt“ gibt es nicht in den USA. Es kann aber von einem Ringen der Akteure auf ganz unterschiedlichen Ebenen, von der lokalen Initiative über Kommunen und Unternehmen, von Wissenschaftlern und Planern bis zu Weißen Haus konstatiert werden, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden. das Thema ist jedenfalls präsent, mehr als dies in Deutschland oft wahrgenommen wird. Dabei stehen ganz unterschiedliche strategische Ansätze im Vordergrund, die lohnenswert scheinen, erörtert zu werden. Gerade weil die USA mit den größten Anteil am Klimawandel verschulden, sind die dortigen Vorhaben einer Anpassung und Prävention bemerkenswert und sollten dazu beitragen, den transatlantischen Austausch auf diesem Gebiet zu aktivieren. Die vier Modellfälle zeigen dabei das Spektrum und einen möglichen Spiel-Raum auf für eine planerische und zugleich praktikable Herangehensweise an das Thema der „CO2-freien Stadt“ – nicht nur in den USA.
57

Quellen:

1 Council for European Urbanism (Hrsg.): Climate change and urban design. – Oslo 2008. (14.-16. September 2008, congress documentation, unveröffentlicht)
2 Farr, D.: Sustainable Urbanism – Urban Design with Nature. - New Jersey 2008, S. 19-27 sowie Kunstler, J. H.: The long emergency. - New York 2008.
3 CO2-Emissionen werden in den USA auch als GHG (Green-House-Gas)-Emissions bezeichnet. Sie beinhalten alle klimarelevanten Gase, also nicht CO2.
4 http://www.usgbc.org/DisplayPage.aspx?CMSPageID=148 LEED: Leadership in Energy and Environmental Design; in jüngerer Zeit erweitert um Standards für die Planung von Nachbarschaften LEED-ND (Neighborhood Develeopment)
5 Urban Land Institute (Hrsg.): Growing Cooler. - Washington 2008 sowie Urban Land Institute: The City in 2050. Creating Blueprints for Change. Washington 2008
6 VMT: Vehicles Miles Traveled bedeutet die Relation zwischen Fahrzeuganzahl und zurück gelegten Entfernungen pro Fahrzeug durch die Bevölkerung.
7 Urban Land Institute: The City in 2050. Creating Blueprints for Change. - Washington 2008, S. 8-13
8 Urban Land Institute: The City in 2050 - Creating Blueprints for Change. – Washington 2008, S. 32. In die Berechnung sind die Emissionen einbezogen, die sich aus dem Verkehr und dem Wohnen/Arbeiten ergeben zusammen gefasst und entsprechend lokalisiert worden.
9 Urban Land Institute (Hrsg.): Growing Cooler. - Washington 2008, S. 21
10 Urban Land Institute (Hrsg.): Growing Cooler. - Washington 2008, S. 46
11 Urban Land Institute (Hrsg.): Growing Cooler. - Washington 2008, S. 31
12 http://www.postcarbon.org/ das Institut erforscht, berät und aktiviert bzgl. klimarelevanter Entwicklungen, insbes. in Städten. Es richtet sich an Kommunen, Hochschule, Initiativen und die breite Öffentlichkeit. Zugleich vernetzt es Initiativen, NGOs oder kommunale Partner, so z. B. auch das „Resilienz-Netzwerk“.
13 Ein direkter Nachweis des Zusammenhangs konnte nicht geführt werden. Doch die Omnipräsenz des ULI in der Immobilienwirtschaft und die allgemeine Debatte über den Klimawandel in den USA und besonders in Florida, mögen auf die Developer in Babcock Range einen Einfluss gehabt haben. Vgl. auch: urban Land Institute (2001): Ten principles for Reinventing America’s Suburban Strips, Washington, insbes. S. 10-11. Hier wird das Modell der dezentralen Konzentration für den Umbau des Sprawl empfohlen – eine Blueprint-Vorlage für die Planung in Babcock Range.
14 http://www.babcockranchflorida.com/ sowie http://en.wikipedia.org/wiki/Babcock_Ranch (2011-09-18)
15 Email vom 10. August 2011 an Susanne Lang. Gary Nelson ist Senior Vice President für Planning & Development beim Developer Kitson & Partners Communities: “Thank you for your interest in Babcock Ranch. We have not started development yet and are actively planning our first phase of development. We do hope to start next year and have a grand opening tentatively in January 2015 as we have a lot of planning, engineering and development work to do.”
http://www.charlottecountyfl.com/BCS/GreenBuilding/index propagandistisch groß angelegtes “Greening”-Programm; hier gibt es Hinweise auf das Babcock Range Projekt; außerhalb des von lee-county geförderten NSP Neighborhood Stabilization Program http://nsp.leegov.com/Maps.html - ein Wiedernutzungsprogramm für Leerstände in Einfamilienhausgebieten, um diese für günstige Preise wieder an den Markt zu bringen, mit gewissen sozialen Bindungen.

16 Im Jahr 2005 hat der Investor Kitson & Partners den Projektbeginn eingeleitet.
17 Im Jahr 1990 verkaufte die Babcock-Familie die Farm zunächst (als Zwischenhändler) an einen Football-Star Syd Kitson, der dann alles an den Staat veräußerte. Naturschützer sahen gerade in diesem Gebiet einen wichtigen Baustein für die Ausbildung eines Naturschutzkorridors im zentralen Bereich der ansonsten weitgehend suburbanisierten Halbinsel.
18 Frantz, D.; Collins, C.: Celebration U.S.A. - New York 1999, S. 226-244

19 Holzer, L.: Stadtlandschaft USA: Die Kulturlandschaft des American Way of Life. – Gotha 1996, S. 117-119 sowie Kunstler, J. H.: The Geography of Nowhere. - New York 1994, S. 113-114
20 GEO, Nr. 1/Februar 1997, S.24 ff sowie Brain, D.: An Introduction to New Urbanism in Florida, in: Florida Atlantic University/university of Miami (Hrsg.): A Guidebook to New Urbanism in Florida. – Miami 2002, S. 2
21 http://geography.about.com/od/lists/a/csa2005.htm Die Region Miami-Fort Lauderdale-Miami Beach nimmt mit ca. 5,4 Mio. Einwohnern den 11. Platz (von 20 Plätzen) in der Liste der Metropolregionen der USA ein. Siehe auch: http://www.peakbagger.com/pbgeog/histmetropop.aspx

22 Bruegmann, R.: Srawl – a compact history. – Chicago 2005, S. 62. Die Einwohnerdichten in diesen Bereichen zählen zu den geringsten in den USA, also den vergleichsweise stark suburbanisierten Arealen.
23 GEO, 1/Februar 1997, S. 96 sowie Angaben nach Boswell, T.: Vortrag auf dem 10. Kongress des Congress for New Urbansim. – Miami 2002.
24 Brain, D.: From traditional neighborhood to sustainable Regions: Three counties respond to sprawl, in: Florida Atlantic University/University of Miami (Hrsg.): New Urbanism in Florida. – Miami 2005, S. 9-14

25 Brain, D.: An Introduction to New Urbanism in Florida, in: Florida Atlantic University/university of Miami (Hrsg.): A Guidebook to New Urbanism in Florida. – Miami 2002, S. 1-4, insbes. S. 2-3
26 Peirce, N.; Johnson, C.: The Search for a Sustainable Solution, in: Florida Atlantic University/university of Miami (Hrsg.): A Guidebook to New Urbanism in Florida. – Miami 2002, S. 17-19
27 Calthorpe, P; Fulton, W.: The Regional City. - Washington, Covelo, London 2001, S. 185-188
28 Stephenson, B.: The Roots of the New Urbanism: John Nolen’s Garden City Vision for Florida, Florida Atlantic University/university of Miami (Hrsg.): A Guidebook to New Urbanism in Florida. – Miami 2002, S. 5-8
29 Reiser, B.: Wie Phönix aus der Asche. Die Wiedergeburt von Naples‘ 5th Avenue, in: Florida-Journal, 4/2001. – Miami 2001, S. 43-45

30 Brain, D.: An Introduction to New Urbanism in Florida, in: Florida Atlantic University/university of Miami (Hrsg.): A Guidebook to New Urbanism in Florida. – Miami 2002, S. 2
31 The New York Times, June 5, 2001: Bush Carries Environment-Friendly Tone to Everglades, S. A 16
32 Bodenschatz, H.; Kegler, H.: Städtebaureform auf Amerikanisch: Projekte des New Urbanism, in: Stadtbauwelt 145. - Berlin 2000, S.48-50 sowie zu allen Angaben über die Siedlung: http://www.terrain.org/unsprawl/5/ (2011-09-18)

33 Florida, R.: The Rise of the Creative Class. - New York 2002, S. 237-239 sowie S. 244. Unter den Technologie-Polen der USA rangiert der Südosten ebenfalls auf den vorderen Rängen – durchaus ein Indikator für die Anziehungskraft dieser Region für die jungen, qualifizierten Kräfte, die zudem eine besondere nachfrage-Klientel im Wohnungssektor darstellen. Florida, R. (2005):Cities and the Creative Class, New York, S. 138 sowie auch: http://www.demographia.com/db-canwusua.htm Tucson rangiert auf Platz 16 der Regionen über 500.000 EW, womit die geringste Dichte in dieser Klasse ausgewiesen wird, d. h. größter Sprawl-Anteil.
34 Holzner, L.: Stadtland USA: Kulturlandschaft des Amercan Way of Life. – Gotha 1996, S. 117-119
35 http://www.eas.purdue.edu/earthsystem/Diffenbaugh_GRL_08.pdf sowie http://www.texasclimate.org/ClimateChange/WestTexas/tabid/437/Default.aspx Hier wird der Gürtel zwischen Cetral California und West-Texas als einer der klimatischen Hot-Spots nachgewiesen. http://www.progress.org/sprawl/ The sprawl-information center. http://www.postcarbon.org

36 Diese Einschätzung wie auch die Hintergrundinformationen basieren auf Aussagen eines der planenden Architekten, Stefanos Polyzoides, Pasadena, die er dem Autor bei einem Gespräch am 11. Juni 2005 in Pasadena darlegte.
37 www.CivanoNeighbors.com. Hier werden regelmäßig Monitoringberichte veröffentlicht, die tendenziell bestätigen, dass die avisierten Ziele erreicht wurden.

38 Diese Probleme zeigten sich bereits frühzeitig, wie eine Mailantwort von Andres Duany, dem anderen Planer der Siedlung, bereits vom 17. 10. 2001 bestätigte: “I think that I listed it as one of the best at environmental response. Sad to say, Stef and I, and all the designers lost control at one point and the engineers BADLY mangled the infrastructure. But it will get better; it is still a teenager. The person currently in charge, for the first time in the history of the project, is a very good man. Remember TIME. Urbanism is like a game; it can catch up and win. Remember that Charleston was once a mosquito-infested hellhole. “
39 Kegler, H.: Gestaltung der Stadtregion – neue Mobilität und Klimaschutz, in: Stadtbauwelt 187. – Berlin 2010, S. 58-63
40 Wenn von „CO2-freier“ Stadt gesprochen wird meint das die „CO2-neutrale“ Stadt, was ja ansonsten physikalisch nicht möglich wäre.
41 www.chicagoclimatex.com/ http://prod2.chicagoclimatex.com/docs/offsets/CCX_Verification_Guidance_Document_Final.pdf

http://www.cnt.org/repository/CNTversion.Great_Lakes_Journal.Climate.pdf
42 Chicago Metropolitan Agency for Planning: Go to 2040 Comprehensive Regional Plan (Draft). – Chicago 2010
43 Johnson, E.W.: Chicago Metropolis 2020. - Chicago, London 2001, S. 142-144
44 Centre for Neighborhood Technology, Chicago, zit.: Urban Land Institute (Hrsg.): Growing Cooler. – Washington 2008, S. 46
45 http://www.cnt.org/repository/CNTversion.Great_Lakes_Journal.Climate.pdf, S. 17-19

46 www.chicagoclimatex.com/
47 Smith, A.; Gill, G.: Toward Zero Carbon. – Victoria 2011. Smith war leitender Architekt bei SOM, die u.a. das höchste Gebäude der USA, den Sears-Tower (heute Willis-Tower) geplant hatte. Er zeichnete, dann nicht mehr bei SOM tätig, verantwortlich für den Entwurf des höchsten Gebäudes der Welt, den Burj Khalifa in Dubai.
48 Smith, A.; Gill, G.: Toward Zero Carbon. – Victoria 2011, S. 9-15
49 Smith, A.; Gill, G.: Toward Zero Carbon. – Victoria 2011, S. 210

50 Fulton, W.: After the Unrest: Ten Years of Rebuilding Los Angeles following the Trauma of 1992, S. 310-311, in: Vale, L.; Campanella, T. (Hrsg.): The Resilient City. - New York 2005, S. 299-312
51 Laris, S. (Hrsg.): Los Angeles Downtown News. - Los Angeles 2004, S. 57-61
52 Loomis, A.; Ohland, G.: Los Angeles: Building the Polycentric Region. - Los Angeles 2005. Hier wird ein Gesamtüberblick zur Geschichte der Stadtregion sowie zu den Planungen und Umbauvorhaben gegeben. Zum Umbau von Bunker Hill und Downtown sind besondere Ausführungen gemacht worden, die die Grundlage für die hier getroffenen Aussagen bilden. S. 19-22 und 74-86 sowie: http://onbunkerhill.org/taxonomy/term/75
53 Hise, G.: Magnetic Los Angeles – Planning the Twentieth-Century Metropolis. - Baltimore, London 1997, S. 195-208

54 Schrader, H.; Wiegandt, C.: Los Angeles – Die Revitalisierung der Downtown, in: Planerin, 3/11. – Berlin 2011, S. 64-65
55 http://www.scag.ca.gov/: “SCAG is the nation's largest metropolitan planning organization, representing six counties, 191 cities and more than 18 million residents. SCAG undertakes a variety of planning and policy initiatives to encourage a more sustainable Southern California now and in the future.” Sowie: http://www.compassblueprint.org/ Der „Compass-Plan“ ist unter Federführung von Fregonese Ass. Erarbeitet worden.
56 http://www.compassblueprint.org/about/challenge Alle Planungen und Analysen sind sehr kommunikationsfreudig angelegt.

57 Siehe „Compass-Plan“ S. 24-28 sowie Appendix I. http://www.compassblueprint.org
58 http://www.scag.ca.gov/rcp/index.htm
59 http://www.scag.ca.gov/sb375/index.htm
60 Fulton, W.: After the Unrest: Ten Years of Rebuilding Los Angeles following the Trauma of 1992, S. 310-311, in: Vale, L.; Campanella, T. (Hrsg.): The Resilient City. - New York 2005, S. 310 sowie Newman, P.; Beatley, T.; Boyer, H.: Resilient City. - Washington, Covelo, London 2009, S. 59 und 84

Literatur
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www.chicagoclimatex.com/
www.chicagoclimatex.com/
www.CivanoNeighbors.com
(alle Zugriffe am 2011-09-18)
Abbildungen
1 Suburban Florida (Foto: Kegler)
2 Masterplan Babcock Range Community, 2010, Kitson&Partners (http://www.babcockranchflorida.com/ )
3 Suburban Sunbelt (Foto: Kegler)
4 Civano: Pueblo-Bauweise (Foto: Roost, in: Stadtbauwelt, 145, 2000, S. 49)
5 Chicago: Blick auf den Loop, der Down Town (Foto: Kegler)
6 Chicago: Willis (Sears) Tower, eines der Leitprojekte im Decarbonization Plan (Foto: Kegler)
alternativ: 6‘: ... (Foto Kegler)
7 Los Angeles/Pasadena Del Mar Station: Haltpunkt der neuen Stadtschnellbahn (Foto: Kegler)
8 Los Angeles: Robert Redford Building – das gemischt genutzte Bauwerk besitzt den höchsten LEED-Standard in den USA und firmiert als GHG-neutrales Gebäude (Foto: Kegler)
9 Los Angeles: Resilient City - die existenzielle Krise ist überwunden, doch der Weg zu einer dauerhaft tragfähigen Entwicklung ist noch sehr weit (Foto: Kegler)
Zusammenfassung
Die USA leisten den größten Beitrag zur Forcierung des Klimawandels und verbrauchen pro Kopf die meisten Ressourcen. Dieser Umstand ist in der Fachwelt der USA nicht nur bekannt, sondern auch Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen. Einen wesentlichen Anteil daran hat die enorme Suburbanisierung, vor allem in den südlichen Staaten. In dem Beitrag werden vier Modelle vorgestellt, die das Spektrum dieser Suche repräsentieren:
- die gartenstadtähnliche Ökosiedlung, die auf Technologie und Effizienz setzt;
- die „Low-Tech“-Siedlung in der Wüste Arizonas, die auf Suffizienz und angepasste Bauweise orientiert;
- der strategisch angelegte Umbau der Metropole Chicago, bei dem vor allem die Kernstadt mittels eines „Decabonization Plan“ in den nächsten 2 bis 3 Dekaden zu einer klimaneutralen Zone in einer nachhaltigen Stadtregion werden soll.
- bei dem vierten Fall wird eine Umkehr der Perspektive verfolgt: Los Angeles hat sich – nach den schweren sozialen und wirtschaftlichen Krisen vor 20 Jahren als eine Resilient City erwiesen. Die Stadt antwortete mit einem langfristig angelegten und weit gefächerten Planungsprogramm auf die Krise, dessen Teil auch die schrittweise Reduzierung der GHG-Emissionen ist. Erste Erfolge sind zu verzeichnen, doch die Herausforderungen bleiben gewaltig. Die „Wiedergeburt“ nach der Krise kann als Modell für den Umgang mit den unausweichlichen Folgen des Klimawandels sein.


Vita
Harald Kegler
geb. 1957 in Aschersleben; Studium Architektur und Städtebau an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar; Diplom 1983 zur Stadterneuerung; Promotion 1986 über die Geschichte der Disziplin Stadtplanung zum Dr.-Ing. für Stadtplanung; Lehrtätigkeit an der TH Cottbus; von 1987 bis 1999 am Bauhaus Dessau; Leiter der Experimentellen Planungswerkstatt und stellvertretender Direktor von 1993 bis 1999; Hautprojekt: „Industrielles Gartenreich“ – Grundlage für die EXPO-Korrespondenzregion Dessau-Bitterfeld-Wittenberg; Gastprofessor an der University Miami 1999/2000, seit 2000 freischaffend als Stadt- und Regionalplaner, Berater und Planungsforscher in Dessau; seit 2008 Gastprofessur für Stadtplanung an der Bauhaus Universität Weimar; international ausgerichtete Arbeitsschwerpunkte sind der energetische Stadtumbau, die resiliente Stadt-Region sowie Geschichte und Theorie der strategischer Planung

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Mitteldeutschen Zeitung vom 02. Oktober 2001/ von Claus-Bernd Fiebig